Die ersten kritischen Eingewöhnungstage haben wir nun überstanden. Meine Beobachtung galt jenen möglichen außen liegenden Ursachen, die für Hollys ehemalige Dauerüberforderung ursächlich hätten sein können. Zum Beispiel Hochsensibilität. Mein Fazit ist jedoch: Holly ist ein ganz normaler junger Schäferhund. Was für ein Segen.

Einzig eine besonders starke Sensibilität bzw. Reizverarbeitungszeit, was Eindrücke anbelangt, konnte ich beobachten. Als gestern am Nachmittag der Fuchs da war und Jenny ihn aufgebracht und böse bellend verjagte, zeigte Holly Angst (normal!) und war so davon beeindruckt, dass sie noch mindestens eine Stunde erschüttert und verunsichert war. Sie wollte direkt bei mir sein und konnte dieses Ereignis nicht loslassen. So saß sie unter meinem Nähstuhl und saß und saß. Diese nachhaltig lang anhaltenden Reaktionen auf Ereignisse sind eher ungewöhnlich.

Eine andere ungewöhnliche Beobachtung machte ich vorgestern. Ich wollte ein bisschen Target-Training zum Zeitvertreib machen. Ein Target ist ein Stab mit einer Markierung, die der Hund mit der Nase anstupsen soll. Hollys Reaktion auf den kleinen Stab war stark misstrauisch, meidend. Ihr ganzes Verhalten sagte: „Was? Du willst mich verprügeln? – Ich hab doch gar nichts getan!“ Auch hier konnte ich die nachhaltigen Emotionen danach beobachten: Skepsis und Misstrauen und ein Meideverhalten.

Ansonsten können wir gute Erfolge verzeichnen. Holly schläft! Manchmal zieht sie sich ins Schlafzimmer zurück, manchmal wählt sie die Box im Wohnzimmer und gestern Abend schlief sie in der Box im Vorflur während ich der alten Josephine ihre abendliche Schmusemassage gab. Sie braucht in jedem Fall einen Rückzugsort, soviel steht fest. Holly schläft im Auto und auch das Einsteigen ist kein Problem mehr. Hilfe beim Schlafen braucht Holly nur noch am Morgen. Die „Wiedersehensfreude“ mit allen Tieren wirkt einfach sehr lange nach. Knabberstangen helfen, die Energien abzubauen, aber schlafen und ausruhen – das schafft sie morgens noch nicht alleine.

Auch mit dem Leinentraining kommen wir gut voran. Gestern ist endlich Hollys Geschirr fertig geworden und ich bin gespannt, wie sie es annimmt.
Alles in allem eine gute Zeit für uns alle. Besonders Jenny profitiert sehr von Hollys Anwesenheit, hat sie doch endlich einen ebenbürtigen Spielpartner gefunden, mit dem Rennen und Toben möglich ist. Insgesamt ist sie ausgeglichener und (noch) ruhiger geworden. Holly tut ihr gut. Es zeigt mir auch nochmal auf, wie stark Bedürfnisbefriedigung wirken kann.

Eure Claudia